Nachrichten 12.03.12

Neuer Personalausweis bringt es online einfach nicht

Wer auf sicheres Surfen im Netz hofft, ist vom neuen Personalausweis enttäuscht. "Welt Online" zeigt, was bereits klappt – und was nicht.
Laura kann mit ihrem neuen Ausweis viel anfangen: Sicher im Internet einkaufen. Digitale Dokumente unterschreiben. Sich sogar in sozialen Netzwerken einloggen. Das zumindest verspricht ein Animationsfilm des Bundesinnenministeriums, der die Internet-Funktionen des neuen Personalausweises vorstellt.

Mit der Realität jedoch hat das Filmchen rund um Laura nicht viel zu tun: Fast anderthalb Jahre nach Einführung des Checkkarten-Personalausweises ist es weder möglich, damit im Netz einzukaufen, noch, sich bei Facebook, Xing und Co. anzumelden. Digitale Dokumente lassen sich auch nicht unterschreiben.

Immerhin frohlockte in der vergangenen Woche der Geschäftsführer der Bundesdruckerei Ulrich Hamann auf der Technik-Messe Cebit, bereits in zwei Monaten könne das Geldabheben mit dem Personalausweis möglich sein. Doch auch zu dieser Einschätzung gehört jedoch eine Menge Zuversicht. Denn beim neuen Personalausweis (nPA) gibt es selbst bei den Basis-Funktionen erhebliche Probleme.
Dabei sollte der nPA unser Leben im Internet sicherer machen. „Online-Ausweisfunktion“ war das Zauberwort. Statt sich unzählige Nutzernamen und Passwörter merken zu müssen, sollte sich der Internet-Nutzer überall einfach mit der neuen Karte ausweisen können.

Mit der Unterschriftsfunktion sollten Verträge bequem digital unterschrieben und per Mail verschickt werden. Von diesen Visionen ist die Wirklichkeit meilenweit entfernt, obwohl bereits mehr als zehn Millionen Bundesbürger die neue Karte im Portemonnaie haben. Das Bundesinnenministerium geht davon aus, dass rund ein Drittel davon auch die Online-Funktion nutzt. Oder besser: Nutzen würde. Denn nur wenige Firmen setzen auf die neue Technik.

Als die „Welt am Sonntag“ vor gut einem Jahr über die digitalen Funktionen berichtete, hatten gerade mal 43 Firmen und Behörden überhaupt ein Berechtigungszertifikat. Nur acht private Angebote waren online. Heute sind es 21. Ein Berechtigungszertifikat besitzen immerhin 80 Stellen. Trotzdem sind diese Zahlen eine herbe Enttäuschung. Zumal Internet-Riesen wie Amazon, Ebay oder Facebook nicht auf der Liste stehen.

Immerhin: Behörden und Versicherer nehmen den neuen Ausweis wahr. Bei der Allianz zum Beispiel können registrierte Kunden den Ausweis zum Einloggen auf der Unternehmens-Homepage nutzen. „Bisher war dafür eine Zugangsnummer und eine PIN notwendig“ sagt Burghard-Orgwin Kaske, der das Projekt „Neuer Personalausweis“ bei der Allianz leitet. Ähnlich setzt auch die Familienkasse den neuen Perso ein. Wer Kindergeld bezieht und einen Online-Zugang hat, kann sich dort mit dem Ausweis einloggen und dann beispielsweise seine Adresse ändern, ohne dafür zur Behörde zu laufen. Das ist zwar nett, aber als Fazit nach anderthalb Jahren mager.

Immerhin: Neben den bereits bestehenden Angeboten gibt es 46 weitere Firmen oder Behörden, die nachziehen könnten. Sie besitzen ein Berechtigungszertifikat, bieten ihren Nutzern den Ausweis-Service aber noch nicht an. „Diese Firmen werden wahrscheinlich auch bald etwas machen“, heißt es beim Bundesinnenministerium.

Mobilfunker wollen neues Angebot schaffen

So verspricht etwa der Mobilfunkanbieter Vodafone, gemeinsam mit der Telekom und O2 ein neues Angebot zu schaffen. „Spätestens Ende März wird man unseren Bezahlservice ‚mpass’ auch mit dem neuen Personalausweis nutzen können“, heißt es bei Vodafone. „mpass“ ist ein Internet-Bezahlsystem, mit dem Mobilfunk-Kunden von Vodafone, der Telekom oder O2 online einkaufen können.

„Bisher mussten die Kunden ihre Daten bei der Registrierung manuell eingeben. Wir möchten ihnen das mit dem neuen Personalausweis erleichtern.“ Außerdem plane Vodafone, dass Mobilfunk-Verträge zukünftig im Netz abgeschlossen werden können. Wann das realisiert werde, sei aber noch nicht klar. „mpass“ wäre das erste Online-Bezahlsystem, das den neuen Ausweis nutzt.

Dagegen hatte das Innenministerium schon 2010 bei der Einführung versprochen, dass damit bald auch online eingekauft werden könne. Sogar in soziale Netzwerke sollten sich die Nutzer mit der Karte einloggen können – immerhin verbringen laut einer Studie des Hightechverbandes Bitkom Internetnutzer fast ein Viertel ihrer Zeit in sozialen Netzwerken.

Jetzt, anderthalb Jahre später ist die Gruppe „VZ-Netzwerke“ mit „SchülerVZ“, „StudiVZ“ und „MeinVZ“ die einzige, die wenigstens ein Berechtigungszertifikat hat. Sie erklärt jedoch auf Anfrage von "Welt Online": „Das Projekt ,neuer Personalausweis’ ruht bis auf weiteres.“ Überhaupt kein Interesse zeigt bislang Branchenführer Facebook.
Bisher ganz ins Wasser gefallen ist eine Funktion des Ausweises, die eigentlich das digitale Signieren massentauglich machen sollte: Die Unterschriftsfunktion. Über ein Kartenlesegerät sollten digitale Signaturen in Dokumente geladen werden. Etwa um Mietverträge in PDF-Form zu unterzeichnen und per Mail zu verschicken. Soweit die Theorie. In der Praxis aber kann das notwendige Zertifikat gar nicht erst auf den Ausweis geladen werden: Das Bundesinnenministerium hat das Aufspielen des Zertifikats an externe Firmen wie die Deutsche Telekom übertragen – und die tun es schlicht nicht. Dahinter stehen auch wirtschaftliche Interessen.

„Wir planen, diesen Service in Zukunft anzubieten. Der Termin ist offen und hängt auch stark davon ab, inwieweit der Bürger auf seinem neuen Personalausweis die Funktion elektronische Identität aktivieren lässt“, sagt Volker Reible, Fachverantwortlicher für den neuen Personalausweis bei T-Systems.

Die Deutsche Post Com, ein anderer Anbieter der elektronischen Signatur, kann sie nach eigenen Angaben bereits aufspielen. Da für die Signatur auf dem nPA derzeit keine Nachfrage bestehe, sei das für das Unternehmen wirtschaftlich nicht attraktiv.

Zumal Deutsche Post Com und Deutsche Telekom schon lange eigene Signaturkarten verkaufen, die zwischen 39 und 249 Euro kosten. Auch wenn beide Unternehmen unisono betonen, der Ausweis sei kein Konkurrenzprodukt zu ihren eigenen Karten: Das sind keine guten Voraussetzungen für einen baldigen Start der digitalen Signatur auf dem Personalausweis.

Richtig rund läuft es weiter nur für Laura, im Animationsfilm des Innenministers. Wer den nPA voll nutzen möchte, muss sich wohl noch ein Jahr gedulden. Dann ist ja wieder Cebit.

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